Hobby + Zucht = Hobbyzucht?
Ich möchte meinen Ansichten zur Überschrift ein paar wesentlich ältere Zeilen einer bekannten Persönlichkeit des Vereins für Deutsche Schäferhunde vorausschicken.
"Schäferhundzucht ist Gebrauchshundzucht, muß immer Gebrauchshundzucht bleiben, sonst ist sie keine Schäferhundzucht mehr! Deshalb kann auch Schäferhundzucht nie Massenzucht sein. Der echte Schäferhundliebhaber züchtet nicht für den Verkauf. Verdienen kann er sowieso nichts dabei, wenigstens wenn er richtig züchten und aufzüchten will. Er züchtet zur Vervollkommnung der Rasse, er züchtet aus Interesse am Hund, aus Freude an der Beobachtung der Lebensäußerungen von edlen, formschönen und begabten Geschöpfen."
So weit so gut. Nein Leute. Ich bin nicht hoffnungslos weltfremd. Auch lebe ich nicht im tiefsten aller Wälder.
Trotzdem enthalten diese "alten Zeilen" für mich soviel Wahrheit, wie man sie wohl kaum noch irgendwo finden wird.
Heute leben wir leider viel zu oft nach dem Grundsatz, daß die anderen an allem Schuld sind. Dabei erscheint es oft ausreichend egal, um welchen Themenbereich es sich handelt. Schlimm wird es meiner Meinung nach jedoch dort, wo es sich um lebendige Wesen handelt, die plötzlich, weil es dem Menschen gefällt, zu einer Ware werden.
Viel zu oft steht eine charakterlich einwandfreie Denkensweise nur solange im Vordergrund, wie es sich nicht um materiell gewinnträchtige Vorhaben handelt.
Nun hat sich bei uns in den letzten Jahrzehnten eine vielseitige Hobbylandschaft entwickelt. Hier gibt es Hobbys mit und ohne Auswirkung oder nennen wir es einmal mit und ohne Störfaktor.
Die Bandbreite umfaßt unter vielen anderen z.B. das Fitneßtraining, die Leidenschaft des Sammelns, Reisen und Aktivitäten, bei denen der Freizeitsuchende sein eigenes Können auf extrem harte Proben stellt. Warum auch nicht? Diese Arten der Beschäftigung sind für Unbeteiligte absolut harmlos und wirken in keiner Weise störend.
In den letzten Jahren hat sich jedoch noch eine andere Freizeitgestaltung, nämlich die Zucht von Haustieren immer mehr verbreitet.
Leider nimmt die Vermehrung von Hunden, ganz gleich welcher Rasse, einen der oberen Plätze in der "Hobbyzuchtstatistik" ein, was die hohen Zahlen, der z.B. nur in der Bundesrepublik Deutschland gezüchteten Rassehunde beweist. Nahezu jeder darf heute in die Zucht von Rasse- und Gebrauchshunden eingreifen. Einer speziellen Eignung hierfür bedarf es nicht, wodurch der Entwicklung und dem Fortbestand der Rasse eine ganz klare Absage erteilt wird.
Oftmals spiegeln sich so gedankentötende Faktoren wie Schnellebigkeit, eine aus Unwissenheit entstandene Oberflächlichkeit, Geltungssucht, der Hang zum "Schönen" und nicht zuletzt die Profitgier in einem Großteil der Hundezucht wieder, so daß es schon einer großen Portion skrupelloser Vorstellungskraft bedarf, um die Begriffe "Hobby" und "Zucht", ihrer Bedeutung nach entsprechend, in der heutigen Zeit in Einklang zu bringen.
Viele unserer "Hobbyhundler" scheinen kaum noch in der Lage zu sein, den wirklichen Wert eines guten Hundes zu erkennen, ihn zu achten und zu schätzen. Sowohl eine gute triebliche Zusammensetzung als auch Begriffe wie z.B. Stolz, Vitalität, kurzum eine natürliche Ausstrahlung bedingen sich gegenseitig und führen zu dem, was ich als Mensch an einem guten Hund schätze.
Doch wie soll ich die o.g. Begriffe mit vielen unserer Hunde noch in Verbindung bringen, wenn bestimmte "Hersteller" das Vorhandensein solcher Charaktereigenschaften kaum zu ahnen scheinen.
Es kann nur die Gedankenlosigkeit einer Wegwerfgesellschaft sein, die die Menschen zu "Vermehrern" von derart hilflosen Kreaturen werden läßt, deren Produkte kaum noch jemandes Respekt abverlangen.
Der Leser mag mir verzeihen, daß ich mir eine nähere "Produktbeschreibung" verkneife, da zumindest was mich betrifft, ein zuviel an ungewolltem Kontakt schon gegeben ist. Hier greift nach meinem Empfinden der vorgenannte Störfaktor, den ich es als Mensch nicht mehr mit dem Satz: "Du armer Hund, Du tust mit leid" abtun kann. Wenn Menschen durch ein Hobby oft jahrelang bleibende Schäden verursachen, stellt sich mir die Frage, wo denn dort die Liebe und Leidenschaft zur Kreatur versteckt sein soll.
Jeder von und wird in seinem Bekanntenkreis jemanden kennen, der voller Freude und Erwartung einen jungen Hund, ganz gleich welcher Rasse, bei einem verantwortungsvollen Züchter ( man beachte die Pokale an der Wand, die mit vielerlei Ausstellungserfolgen und dementsprechenden fachmännischen Äußerungen verbunden werden) gekauft hat. In den meisten Fällen hat hier der "Dummenfang" bereits begonnen. Der Vermehrer weiß sehr wohl, daß der Mensch leicht dazu neigt, seinem Auge zu folgen und sich mit "Schönem" zu umgeben, vielleicht sogar, um sich selber ein bißchen aufzuwerten. Jetzt fehlt nicht mehr viel und der zukünftige, unwissende Hundebesitzer ist von Welpen, Mutterhündin und jeder Menge Reklame dermaßen überwältigt, daß er sich zum Kauf entschließt. Leider hat er vergessen (oftmals kann er es auch gar nicht wissen) sich nach den unsichtbaren Charaktereigenschaften der Vorfahren seines schon so geliebten Welpen zu erkundigen. Schließlich sind ihm die Elterntiere ja auch als treu, kinderlieb, umweltneutral, gesund und vor allen Dingen ja so wachsam beschrieben worden. Außerdem wurden diese Angaben von einer "Person des Faches" gemacht, so daß wohl kaum ein Grund zum Zweifeln besteht. In diesem Zusammenhang möchte ich wirklich manchmal wissen, wo einige Züchter bei ihren Hunden den Charakter vermuten. Ich selber habe schon bei einigen Hunden eine intensive Charakterexpedition gestartet, um diese dann wieder einmal erfolglos abbrechen zu müssen. Vielleicht hätte ich auch nur woanders suchen müssen. Zu dumm!
Leider wird das, was nach dem Kauf kommt, viel zu oft zu einer Leidenszeit für Mensch und Tier. Vermeidbare und unvermeidbare Krankheiten sowie nicht selten auftretende Verhaltensstörungen lassen die Freude um den Hund schnell zu einer kaum zu bewältigenden Belastung werden. Gefüllte Tierarztpraxen, aber man glaubt es kaum, sogar selbsternannte Tierpsychologen runden den Leidensweg vieler unserer Hunde ab. Dazu gesellen sich Ausbildungsangebote, die dem unerfahrenen Hundebesitzer das Geld aus der Tasche und den Hund anschließend auf die Couch des selbsternannten Tierpsychologen ziehen. Danke mir reicht’s.
Bis jetzt habe ich noch nicht einmal von Gebrauchs- und Arbeitsfähigkeit unserer Hunde geschrieben (man stelle sich vor, daß es doch tatsächlich noch Menschen geben soll, die einen wirklich guten Hund für die verschiedensten, dem Menschen dienenden Arbeiten brauchen), da ich weiß, daß unter uns noch Hundefreunde sind, die in diesen Bereichen bestimmt noch besser bewandert sind als ich.
Zum Abschluß möchte ich noch einen meiner Wunschgedanken loswerden. Für mich wäre es schön, wenn die sich selbst immer so hoch lobenden Hundeverbände, die Zucht ihrer Rassehunde fachlich strenger kontrollieren würden.
Für eine solche Kontrolle ist meiner Meinung nach aber auch eine umfassende, vorbehaltlose Aufklärung über den gesamten Komplex der jeweiligen Rasse erforderlich. Schließlich ist es der unwissende Käufer, der den charakterlosen Vermehrern immer wieder die Chance zum Weitermachen gibt.
Wird diesem Käufer die Ware "Hund" einem Waschmittelangebot ähnlich, so wie es zur Zeit mit der verabscheuungswürdigen "Kommissar Rex- Kampagne" geschieht, angeboten, muß man wohl annehmen, daß das Ende der Unvernunft lang noch nicht erreicht ist. Zu "Lassies" Zeiten habe auch ich mich als Kind an dem vermeintlichen Können dieses Hundes erfreut. Heute nehmen jedoch selbst Erwachsene (Kindern sei es gegönnt) an, es handele sich bei dem Fernsehstar "Kommissar Rex" um den Schäferhund schlechthin. Schlimm genug!
Ja es ist schon erstaunlich, was durch ein falsch verstandenes Hobby alles entstehen kann. Die Leichtfertigkeit des Handelns und der Betrug an Mensch und Tier sind es, die mich bewogen haben diese Zeilen zu schreiben.
Allen wirklichen Hundefreunden wünsche ich das doch so erforderliche "glückliche Händchen", damit Ihnen die Freude an Ihrem Hobby nicht vergeht und Sie es vor allem immer wieder schaffen, die "Gleichmacherei" zu durchbrechen.